Spiritueller Nachtrag

FESTSPIELE / C-MOLL-MESSE

05/08/17 Das „Ausverkauft“-Schild bewies wieder einmal, welch Rang der jährlichen Aufführung der c-Moll-Messe im Festspielgeschehen zukommt. Unter Ivor Boltons Leitung war sie am Mittwoch (3. 8.) ein Erlebnis dankvon Mozarteumorchester, Salzburger Bachchor und handverlesenen Solisten.

Von Horst Reischenböck

Festspielgäste werden im Sommer nicht unbedingt überdurchschnittlich in Sachen Mozart verwöhnt. Einen raren, unverzichtbaren Höhepunkt beschert jedoch die seit 1927 stattfindende Aufführung der c-Moll-Messe KV 417a (427) am Ort ihrer einstigen Uraufführung in der Erzabtei St. Peter. Diese Tradition ist ein Beitrag der Internationalen Stiftung Mozarteum, wie gewohnt hörte man die von ihr bei Helmut Eder bestellte rekonstruierten Ergänzung des Torsos.

Auf Ivor Bolton, mittlerweile Ehrendirigent des Mozarteumorchesters, ist mehr als nur Verlass. Er dirigierte das Werk hier zum fünften Mal, ist mit dem Schauplatz und seinem Nachhall vertraut. Schon das Kyrie wurde vom Salzburger Bachchor strahlend in der Höhe intoniert, kraftvoll und mit entsprechend forderndem Nachdruck versehen, prächtig durch Trompeten und Pauken akzentuiert. Genauso präzise durchhörbar gestaltet dann die später beschließenden Fugen.

Der Part, den einst Wolfgangs Gattin Constanze, durch seine Solfeggien vorbereitet und trainiert, zum Christe eleison beisteuerte, war diesmal Rosa Feola anvertraut. Ihr Solo nutzte sie voluminös bis in gefordert tiefste Register hinein. Wie auch später in der immer wieder berührenden „Et incarnatus“-Arie, von Lukas Green am Orgelpositiv getragen. Feola wirkte vielleicht nicht ganz so esoterisch, dafür aber vor allem aber gleichermaßen perfekt und virtuos in den Koloraturen der von den Holzbläser-Solisten entsprechend mitgefühlten Kadenz.

Im „Laudamus te“ bestach der Sopran-Kollegin Marie-Claude Chappius' Mezzo. Ebenbürtig auch im Domine Deus-Duett, das Gedanken an den Reiz eines stimmlichen Kontrasts durch Altus oder Counter-Tenor wach werden ließ (war doch dieser Part anno 1783 dem Kastraten Francesco Ceccarelli anvertraut gewesen). Auf die Countertenor-Option verzichtete selbst Boltons britischer Kollege Sir Roger Norrington verzichtete, als er hier ein bislang einziges Mal Originalinstrumente bemühte.

Tenor Allan Clayton und Tareq Nazmis profunder Bass schmiegten sich später, im Terzett Quoniam tu solus und als Quartett zum Benedictus ausgewogen an ihre Partnerinnen. Ideal getragen vom Mozarteumorchester in entsprechend reduzierter Besetzung, nachdrücklich beschworen von Ivor Boltons Händen. Ein intimes Juwel, als Kirchenkonzert berührend wirkungsvoller Nachtrag außerhalb des spirituellen Vorlaufs der Festspiele.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli