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Die Marke Villazón

FESTSPIELE / LIEDERABEND ROLANDO VILLAZÓN

28/08/16 Rolando Villazón weiß sein Publikum zu nehmen. Sobald er das Podium betritt, füllt er es mit prallem Leben, persönlicher Ausstrahlung und Charisma. Er singt für seine Zuhörer und scheint mit jedem Einzelnen von ihnen zu kommunizieren. Mimik und Körpersprache artikulieren jedes gesungene Wort intensiv mit.

Von Elisabeth Aumiller

Wie ein Geschenk reicht Villazon das Gesungene an seine Zuhörer weiter. Sein unverwechselbares Timbre übt nach wie vor eine gewisse Magie aus, die ihn zum absoluten Liebling seiner großen Anhängerschaft macht. Entsprechende Begeisterung erntete er für seinen Liederabend am freitag (26.8.) im Haus für Mozart mit italienischen „Arie Antiche“ und Liedern von Bellini, Donizetti und Verdi.

Es ist bewundernswert, wie er seine Stimme mit seiner individuellen Technik im Griff hat und sicher durch gewisse Defizite (er hat ansagen lassen, dass er trotz Erkältung singen werde) durchlaviert. Er nimmt die Stimme in der Höhe und bei dramatischen Passagen zurück und kokettiert geradezu mit den Pianissimi. Das macht er gekonnt zum künstlerischen Ausdruck und erzielt damit große Effekte, die seinem Vortrag schillernde Farben geben. Er brilliert mit langen Atemphrasen und setzt noch einen kleinen Atemmarathon hinzu, wenn er so manchen Schlusston in Überlänge hält. Das heizt dann so recht den Applaus an. Obwohl der Tenor das Programm in fünf kleine Liedgruppen geteilt hat, wird hier nach jedem einzelnen Lied applaudiert. Und er nimmt es mit unverhohlener Freude.

Mit großem Ernst gestaltet er die altitalienischen Arien, die er sich stimmlich und stilistisch hervorragend zu eigen macht und mit dem innigen „Caro mio ben“ einen ersten Hit landet. Die Belcanto-Kanzonen von Bellini und Rossini sowie die Verdi-Gesänge gelten hierzulande nicht als Lieder im Sinne des deutschen Kunstliedes, sind aber populäre Stücke der italienischen Musikliteratur. Sie wurden als Salonstücke komponiert, fordern vom Sänger aber Bravour und belcantistische Gesangslinien. Villazón macht aus jedem Lied ein in sich geschlossenes dramatisches oder erheiterndes Szenario. Zu einer kleinen Komiknummer formt er Rossinis „Mi lagneró tacendo, wenn er „schweigend“ bittere Liebesklage führt. Zauberhaft ermuntert er in „La gita in gondola“ den Gondoliere zum Rudern: „Voga, voga marinar“, was er mit sanft schaukelnder Bewegung unterstützt. Mit zungenbrecherischer Bravour lässt er Rossinis „La danza“ zum brillanten und witzigen Tänzchen werden.

Ernsthafter geht es bei Verdi zu, essen Lieder teilweise mit Moll-Wendungen Trauer oder schmerzlichem Abschied ausdrücken oder sich im Gebet an die „Schmerzensreiche“ wenden. Auch verlangt so manche Passage opernhaft dramatischen Stimmeinsatz und lässt das eine oder andere spätere Opernthema anklingen. Verdi hat in seinen kompositorischen Anfängen Romanzen auf Texte von damals bekannten Dichtern geschrieben, mit denen er einflussreiche gesellschaftliche Kreise auf sich aufmerksam gemacht haben soll. Heute stehen sie natürlich im Schatten seines Opernschaffens, sind aber in Italien bekannter Teil seines Gesamtwerkes.

Mit dem abschließenden Trinklied „Mescetemi il vino“ kehrt die überschäumende Stimmung zurück. Villazón besorgt sich schnell aus der Kulisse ein gefülltes Glas und prostet den Zuhörern nicht nur musikalisch zu. Dem Begeisterungstaumel schenkt er noch zwei Zugaben: die besonders innig gesungene altitalienische Arie „Amarilli“ von Giulio Caccini und den populären neapolitanischen Tenorschlager Funicolí-Funicolá, der die Seilbahn zum Vesuv besingt. Da wird nun fleißig mitgeklatscht und mitgesungen und das Auditorium ist happy. Kommentare wie „genial“, „herrlich“, „das war wunderschön“, „er ist einzig“ waren nicht zu überhören. In den Applaus bezog Villazón zu Recht seine Stütze am Klavier mit ein. Die kanadische Pianistin und Dirigentin Carrie-Ann Matheson ging voll auf ihn ein, machte alle Tempoeigenheiten und Späßchen mit und brillierte auch mit großer Geläufigkeit, worauf Villazón mit Schalk im Gesicht besonders aufmerksam machte und mit Handküssen nicht geizte.

Bilder: dpk - Elisabeth Aumiller

 

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