Pianistische Höhensonne auf Dimm-Stufe

FESTSPIELE / SOLISTENKONZERT MAURIZIO POLLINI

26/08/16 Wenn es einen gibt, der in Salzburg direkt unter der Höhensonne des abendlichen Klavier-Ruhms steht, dann ist es Maurizio Pollini. Natürlich strömen Kenner längst in deutlich größerer Zahl zu Grigori Sokolov. Und unlängst bei Arkadi Volodos war man, was Interpretation anlangt, auch auf der entschieden begünstigten Seite.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber Pollini ist eben Pollini – auch wenn er leider nicht Pollini bleibt. Nur Miesepeter würden aussprechen, dass wir es eigentlich mit einem Denkmalsturz in eigener Sache zu tun haben. Standing Ovations waren also auch diesmal angesagt, und beim Schlussbeifall sind alle Schleusen gebrochen, was das angebliche Verbot von Bild- und Tonaufnahmen anlangt. Ein Handy-Blitzlichtgewitter sondergleichen entlud sich am Donnerstag (25.8.) über dem alten Herren, wie um die Lumen-Defizite der in Solistenkonzerten üblich gewordenen gedimmten Beleuchtung auszugleichen.

Da haben wohl auch jene abgedrückt, die sich eingangs so gar nicht haben abfinden wollen mit dem im Programmheft Kleingedruckten, mit Schönbergs „Sechs kleinen Klavierstücken“, die Pollini in memoriam Pierre Boulez als Vorspann vorausschickte. Selbst die paar Minuten Schönberg haben heftiges Gehuste erzeugt. Aber dann hat es Pollini eh gleich wieder gut und seiner Hörergemeinde recht gemacht, indem er in Schumanns Allegro in h-Moll op. 8 das Prestissimo mit Vehemenz hat dahinrollen lassen.

Dann gleich noch Schumanns C-Dur-Fantasie op. 17, in der mehrenteils auch viel los ist: Gut dass der Abend mit Sokolov schon ein paar Wochen vorbei ist. Der Vergleich ginge nicht gar gut aus für Pollini. Bei Chopin ist er freilich nach wie vor daheim. Einer, der sein Lebtag lang Chopin gespielt hat, kennt die technischen Kniffe. Vieles gelingt also technisch respektabel – und dass diese Stücke (Balladen Nr. 3 und 4, Deux Nocturnes op. 27, Scherzo Nr. 1 h-Moll op. 20) nicht auf die Tränendrüsen drücken, aber doch gehörig Effekt machen sollen, das hat Pollini immer noch im kleinen Finger. Eleganz statt Larmoyanz.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli