Der allererste Rundum-Eindruck

DOMQUARTIER

16/05/14 Den Fachleuten soll man tunlichst glauben. Dieter Bogner, der 2006 den Museumsleitplan entworfen und damit das konkrete Planen des Museumsrundgangs rund um den Domplatz quasi auf Trab gebracht hat, empfiehlt: Aus dem Fenster schauen!

Von Reinhard Kriechbaum

Heute Freitag (16.5.), bei der Presse-Erstbesichtigung des neuen Ganzen, hat man da also tatsächlich, wie versprochen, ganz viel Altstadt gesehen. Bei Sonne ist das sicherlich noch toller. Beim heutigen Wetter ward einem bewusst, aus was für einer grauen Wüste der vielgerühmte Barock herauswächst. Also doch lieber der Blick auf das, was man durch einige Dutzend Türen – die genannte Zahl 130 dürfte für den Normalbesucher denn doch ein wenig hoch gegriffen sein – auf einer Wegstrecke von 1,3 Kilometern ergeht.

Das Highlight schlechthin ist jener Raum im Wallistrakt, in dem das Stift St. Peter seine Schätze zeigt: in einer schwarzen, ovalen Ellipse stehen in den Brennpunkten zwei Glaszylinder. In einem eine gar wunderbare, steinbesetzte Mitra, im anderen ein Abt-Stab. Drum herum aufs Effektvollste ausgeleuchtet die Kelche und anderen Kleinodien. Auch an der Außenseite dieser zum Staunen einladenden Blackbox sind bemerkenswerte Dinge ausgestellt, etwa wachsbossierte Reliefarbeiten oder eine rare Serie von Marterszenen der Apostel in seltener Hinterglas-Goldradierung.

So präsentiert man Kunst und Kunsthandwerk. Drüben im Dommuseum wird man noch einiges investieren müssen an Ideen und an Geld, um künftig einigermaßen mithalten zu können: Immerhin hat man gut aufgeräumt in den etwas altbacken wirkenden Vitrinen.

Mit seiner Wunderkammer hat erwartungsgemäß das Dommuseum die Nase vorn: Aber die Mönche von St. Peter haben darauf mit einem gewissen Understement reagiert und in einem Raum genau gegenüber dem Domportal eine kunsthandwerkliche Sammelsuriums- und Rumpelkammer aufgebaut, auf einer Art Stellage. Dahinter präsentiert man multimedial das Klosterleben. Vielleicht verstehen auch unbedarftere Besucher die Botschaft, dass das Klosterleben in Wirklichkeit dann doch ein klein wenig schlichter ist, als es die Schatzkammer suggeriert.

Im Langen Gang, der ja schon länger zugänglich und mit Bildern bestückt ist, verzichtet man auf Bildbeschriftungen zugunsten der Raumwirkung. Sie ist kolossal, zumal am oberen Ende der Rampe eine Lebensfigur des heiligen Benedikt von der Weltkirche zum Kloster-Bereich überleitet. Da wird einem schon bewusst: Die wenigsten Salzburger Erzbischöfe haben angesichts der eng benachbarten Benediktiner-Herrenmenschen ungebremst hienieden schon in den Himmel wachsen können.

Das neue DomQuartier ist eine reine Kunst- und Architekturschau, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Auch um das leiseste Statement zur Frage, ob es für die Menschen gut oder weniger gut war, in diesem Kirchenstaat Salzburg zu leben, hat man sich erfolgreich gedrückt. Das Motto des Ganzen, „Himmel und Erde in einer Hand“, hätte doch vielleicht auch etwas in Richtung „Alltagskultur im Reich der Fürsterzbischöfe“ hergegeben. Gehört das ausschließlich zum „Mythos Salzburg“, den das Salzburg Museum aufbereitet? Reicht das dort?

Einen Musikraum gibt es auch. Man hat ihn mit ein paar Musikinstrumenten mittig ziemlich vollgeräumt. Immerhin: Johann Michael Haydns Brille ist da, seine und seines Bruders Visitenkarten (mit lieben Kanons drauf), der eine oder andere Brief, das eine oder andere Notenblatt. Mozart und Hagenauer (Dominikus war Erzabt) kommt vor. Und ein Foto vom „Orchester der Marianischen Jungfrauenkongregation“ 1936. Sachen gab’s! Alles in allem sollte man sehr rasch nachjustieren in diesem Bereich. Salzburg verkauft sich immerhin als Musikstadt. Ein Musikschauraum ohne Hinweis auf Bibers Rosenkranzsonaten, ohne deutlichen Verweis auf Muffat – das ist zu wenig.

Die Nord-Oratorien im Dom sind künftig Einzelpräsentationen und Sonderausstellungen der beteiligten Museen gewidmet. Man beginnt mit der Sammlung Rossacher (dem ehemaligen Barockmuseum-Bestand, der jetzt dem Salzburg Museum einverleibt ist). Das ist vielleicht auch dem nicht ganz reinen Gewissen geschuldet, dass man die Barock-Facette am alten Standort im Mirabellgarten dann doch nicht weiterverfolgt hat. Aber die Barockskizzen machen sich natürlich auch hier gut, vielleicht sogar besser als am muffigen früheren Ort.

Die Prunkräume der Residenz, die Residenzgalerie, das Dommuseum – all das ist ja nicht neu. Das Zusammenbinden von Bestehendem hat seine Logik. Dem Salzburg-Intimus ist natürlich klar, dass die eigenständigen Institutionen tunlichst eigenständig bleiben sollten. Gäste werden sich vielleicht wundern ob einiger Uneinheitlichkeiten in den Beschriftungen, an denen man gewiss noch justieren wird.

Morgen Samstag ist von 10 bis 17.30 Uhr ein Tag der offenen Tür; das sehr gediegen zusammengestellte Veranstaltungs- und Musikprogramm füllt über zwanzig Seiten eines kleinen Heftchens – www.domquartier.at
Der Programmfolder zum Tag der offenen Tür zum Download
Bilder: dpk-klaba
Zum Kommentar Barock bringt’s. Bringt‘s der Barock allein?
Zur Hintergrund-Geschichte Verstehen Sie Salzburg
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