Fische fühlen sich hier pudelwohl

HINTERGRUND / HAUS DER NATUR / LEBENDTIERABTEILUNGEN

26/09/13 Es ist nichts als ein Gerücht, dass der Museums-Psychiater ein Mal pro Woche in den Neoprenanzug schlüpft und abtaucht ins 60.000-Liter-Becken, um den kleinen bunten Fischlein dort gut zuzureden. Sie teilen ihr Gehege nämlich mit einem Hai, und der gehört zur gefährlichen Räuberzunft im Reich der Flossenträger…

Von Reinhard Kriechbaum

063In Wirklichkeit wissen die kleinen Fische, die ja auch nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen sind, dass ihr Mitbewohner mit den spitzen Zähnen zwei Mal die Woche gefüttert wird, ihnen also keinerlei Gefahr an Leib und Seele droht…

Manche Fische und Reptilien fühlen sich offenbar pudelwohl im Haus der Natur, so dass manche hier älter werden als es in der freien Natur denkbar wäre. „Museumsplatz 5“ ist ihr ordentlicher Wohnsitz in Salzburg, obwohl sie eigentlich in den Mississippi gehörten wie einer der Alligatoren, ins Mittelmeer wie eine der Muränen oder gar in pazifische Gewässer, wie der gelbe Segeldoktor oder ein Wimpelfisch. Einige Schildkröten und die Kubanische Schlankboa fühlen sich hier auch schon seit dreißig Jahren wie zu Hause. So lange gibt es das Aquarium und den Reptilienzoo im Haus der Natur. Man feiert Jubiläum.

064Die Lebendtierabteilungen sind logischerweise ein absoluter Besuchermagnet im Museum, das mit rund 300.000 Besuchern jährlich entsprechend nachgefragt ist. Dass man den Innenhof des Ursulinenklosters ausbauen konnte, machte die Einrichtung von Aquarium und Reptilienzoo möglich. Hinter den Besuchergängen und Fischbecken verbirgt sich ja ein Vielfaches an Infrastruktur-Räumen. Jedes Becken steht ja für ein lebendiges Ökosystem, und das bedarf der richtigen Temperaturen, eines der Tiefe entsprechenden Wasserdrucks und dergleichen. Quarantäne- und Zuchtbecken sind ebenso nötig wie die eigene Zucht von Tieren, die als Nahrung dienen für Schlangen, Alligatoren und Haie.

Eberhard Stüber hatte die Idee, Publkikum mit lebenden Tieren in sein Haus zu locken. Er erkannte den enormen Erlebnis- und Verständniszugewinn für die Museumsbesucher. Günter Prem, ein wandernder Schausteller, zeigte gerade im Zwergerlgarten seine wunderschöne und vorbildlich betreute Reptilienschau. Stüber holte Prem kurzerhand mit samt seinen Reptilien ans Haus der Natur und die beiden machten sich enthusiastisch an die Planung des Reptilienzoos. Fürs Aquarium engagierte sich Stübers Sohn Wolfgang. Er verschaffte sich durch Tauchfahrten, marinbiologische Kurse und die Mitarbeit in anderen europäischen Aquarien die nötigen Kenntnisse. In Anfangszeiten hat man Meerwasser sogar mit dem Kleinbus von der Adria nach Salzburg transportiert. 1990 starb Wolfgang Stüber bei einem Tauchunfall im Roten Meer, seither ist Inge Illich Leiterin der Abteilung.

066„Bei uns schaut man in echte Lebenswelten“, sagt Norbert Winding, Direktor im Haus der Natur, „ein Stein im Aquarium ist nicht nur ein Stein.“ Sondern eben ein komplexes Öko-System mit unzähligen Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen.  Mit einer Frage bringt man Inge Illich und den Direktor des Hauses eben deshalb in Verlegenheit: Wie viele Tiere leben hier eigentlich? Selbst die Gattungen können sie nur ungefähr angeben, zu artenreich sind die Korallenriffe. Dass es im Haus der Natur schon früh gelungen ist, Korallen zu züchten, darauf ist man stolz.

Jedes Becken im Aquarium birgt also ein lebendiges Ökosystem, das den natürlichen Lebensräumen bis ins Detail gleicht. „So punktet diese Unterwasserwelt mit Echtheit und tierischen Beziehungen, wie sie auch in der Natur zu finden sind.“ Wasserqualität, Temperatur und Nahrungszufuhr werden genau auf die Lebensgemeinschaften abgestimmt und ständig überwacht.

065Die Geburt des ersten Blaupunktrochen-Babys im vergangenen Jahr verschaffte dem Aquarium viel Bewunderung in der Fachwelt. Auch Seepferdchen, Anemonenfischen und Banggai-Kardinalbarsche vermehren sich.

Im Aquarium gibt es heute 41 Schaubecken unterschiedlichster Form und Größe, die Becken haben ein Volumen zwischen 100 und 60.000 Litern. Das Gesamtvolumen aller Zucht- und Beobachtungsbecken, der Quarantäne- und Filteranlagen sowie der Schaubecken beträgt rund 140.000 Liter, davon sind 30.000 Liter Süßwasser. 26 Großterrarien gibt es im Reptilienzoo.

Zum 30-Jahre-Jubiläum der Lebendtierabteilungen hat man sich einige Neuerungen technischer Art ausgedacht. Wer einen bestimmten Fisch entdeckt, kann via Tuchscreen rasch und Unkompliziert das Wissenswerte nachschlagen. Neu auch ein Gang, in dem man sich wie in einem rostigen Schiffswrack findet und hinausschaut in die Welt der Korallen.

www.hausdernatur.at
Bilder: Haus der Natur / Kressl