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Rush hour vor Long Island

SALZBURG MUSEUM / STADTANSICHTEN UND WASSERWELTEN

22/05/20 Als Johann Michael Sattler und sein Sohn Hubert ihre detailverliebten Kosmoramen malten und mit diesen Bildern durch die Lande zogen, ging es ihrer Kundschaft genau so wie uns in diesen Wochen: Reisen nur mit dem Finger auf der Landkarte war für die meisten Menschen der Regelfall.

Von Reinhard Kriechbaum

Was der Kreml für Moskau oder das Kolosseum für Rom, das war der Bahnhof fürs schottische Edinburgh: Als Weitgereister hatte Hubert Sattler einen Blick fürs jeweils Charakteristische eines Ortes, und das waren im 19. Jahrhundert in der schottischen Metropole eben auch die vielen Bahngleise und Eisenbahnwaggons. Die Region Edinburgh war der Ruhrpott Schottlands. Dem quasi fotografischen Blick des Malers aus Salzburg, der heutzutage wohl eher die Laufbahn eines Dokumentarfilmers eingeschlagen hätte, entging das nicht.

Hubert Sattler (1817-1904) ist ja wirklich weit herumgekommen: Paris, Toledo, aber auch Ansichten von New York, Boston und der kubanischen Hauptstadt Havanna finden sich in der Auswahl von Stadt- und Wasser-Veduten, die man im Panorama Museum als erste Sonderausstellung nach der Wiedereröffnung zeigt. Als einer, der als Salzburger mit dem Gebirge vertraut war, fühlte er sich sichtlich daheim, wenn irgendwo Schneeberge hinter einer Stadt zu sehen waren, egal ob aus dem Häusermeer eine Vielzahl von Minaretten herausragt wie im bosnischen Sarajewo oder ob eine mächtige Burgenanlage wie die Alhambra über Granada die Stadtansicht prägen. Auch hinter Mexico City weisen zwei schneebedeckte Berge himmelwärts.

Zwischen Stadtansichten und dem zweiten Ausstellungsteil ein Stockwerk tiefer, den Wasserwelten, gibt es viele Überschneidungen. Denn da sind ja nicht nur imposante Wasserfälle (von Bad Gastein und dem Kapruner Kesselfall bis Niagara) zu sehen. Auf dem Westpoint am Hudson River zieht ruhig ein Raddampfer dahin, vor Hallstatt sind drei Männer auf einer Plätte unterwegs. So viel Beschaulichkeit herrscht in Köln nicht: Fässer (Rheinwein?) liegen zum Verladen bereit und auf dem Fluss herrscht auffallend viel Personenverkehr. In New York vermittelt uns Hubert Sattler offenbar die maritime Rush hour vor Long Island.

Mehr als beschaulich hingegen wirkt das norwegische Hammerfest, ein großer Kontrast zur unwirtlichen Küstenlandschaft mit den nahen Gletschern. Sattler hat dafür als Aussichtspunkt eine Stelle mit markanten Felsblöcken im Vordergrund gesucht. Und was dort gar nicht ging: Der Maler zeigt uns ja fast überall einen vertrauten pastelligen Himmel mit leichten Wolken, wie er uns in Salzburg beim Wiederaufklären nach sommerlichen Gewittern vertraut ist. Über Hammerfest aber dräuen graue Regenwolken.

„Stadtansichten und Wasserwelten“ bis 27. Juni 2021 im Panorama Museum – www.salzburgmuseum.at
Bilder: dpk-krie

 

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