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Schöner kleiner Grenzverkehr

SALZBURG MUSEUM / GRENZEN ÜBERSCHREITEN - BAYERN UND SALZBURG

09/06/10 Wenn Studenten an der Salzburger Universität promovieren, dann tun sie das vor einem Zepter, das mit Löwen geschmückt ist. Und einer dieser Löwen hebt, wie es das bayerische Wappentier eben so tut, stolz den Brezelschweif. Was hat Bayern beigetragen an Positivem zu unserer Universität?

Von Reinhard Kriechbaum

altVor allem haben die Bayern, nachdem ihnen Salzburg 1810 zugeschlagen worden ist, neben anderer Infrastruktur auch die Benediktineruniversität abgeschafft. Insofern gäbe es guten Grund, noch posthum den Brezelschweif zu knacken. Man kann es aber auch positiver sehen: Viele, viele Benediktiner-Patres, die hier zuvor lehrten, kamen aus bayerischen Klöstern. Es gibt also keinen wirklichen Grund zu universitärer Ur-Fehde, wie überhaupt die neue Ausstellung „Grenzen überschreiten – Bayern und Salzburg 1810 bis 2010“, zweigeteilt im Salzburg Museum und im Alten Rathaus in Laufen, Geschichte im allermildesten Licht glücklicher Nachbarschaft zeigt.

Dass während der Jahre, als Bayern zwischen 1810 und 1816 auch über Salzburg regierte und der Kronprinz (er war beim Volk sehr beliebt) im Schloss Mirabell residierte, manches Kulturgut Richtung München wanderte? altDas steht so in Schulbüchern, erfuhr man bei der Presse-Präsentation. In Wirklichkeit hatten sich die Habsburger und Napoleon natürlich zuvor schon ausgiebig bedient. Nur was noch da war, haben sich die Bayern geschnappt. Und in München sind die Dinge ohnedies greifbar und neuerdings sogar virtuell erschlossen …

So viel zum Thema Objektivität der Wissenschaft. Jene der Historiker wollen wir nicht anzweifeln. Wie man das dann darstellt in einer Ausstellung, ist eine andere Sache. Hier stehen die Zeichen auf weit gehende Harmonie. Wer wollte auch ausgerechnet in Zeiten, da die EU ohnedies von vielen nicht besonders hoch geschätzt wird, Öl ins Feuer gießen? Gescheiter Salz auf längst verheilte Wunden streuen. Wegen dieses Salzes haben sich Bayern und Salzburger gelegentlich die Köpfe eingeschlagen, aber das ist ja auch schon eine gute Weile her. In den letzten beiden Jahrhunderten – und darum geht es in der Schau – war das kein Thema mehr. Und die Grenze war speziell nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem dazu da, dem Schmuggel-Sport zu fröhnen und sich ein paar Prozent Umsatzsteuer zu sparen.

altUnd a propos EU: König Otto I. von Griechenland, Spross aus bayerischem Herrscherhause, ist im Schloss Mirabell zur Welt gekommen. Wie es um Griechenlands Wirtschaft damals bestellt war, wollen wir lieber auch nicht zu genau wissen.

Schön präsentiert ist der Salzburger Teil der Ausstellung: Zuerst ein Raum mit all den Herrschern, die sich zwischen 1810 und 1816 hier die Türklinke der Residenz zureichten. Dann – hier pocht das Herz der Fachhistoriker – die wichtigsten Friedensurkunden und bilateralen Staatsverträge der Ära. In einem weiteren kleinen Raum ein Thema, das gar nicht so präsent ist: Als Napoleon übers Land fegte und alles durcheinander brachte, kamen sowohl bayerische als auch Salzburger Soldaten in seine Armee und mussten gen Russland ziehen. Einer der Salzburger Krieger, Kasper Raminger, und hat ein Tagebuch geschrieben.

Und dann ein größerer Raum, der auch wieder das Schulbuch-Wissen ein wenig korrigiert. Es war ja nicht so, dass mit der Aufhebung des Erzstifts und dem Verlust der staatlichen Souveränität Salzburgs tatsächlich alle dahin waren und die Stadt als Neo-Provinznest nur noch düster vor sich hin dümpelte. altDie Malerin Barbara Krafft, der Rechtsgelehrte Paul Johann von Feuerbach, der Komponist Franz Xaver Gruber – sie und viele andere lebten, dachten, forschten, komponierten weiterhin hier. Nicht wenige kennt man noch aus der Mozart-Zeit, die ja gerade erst vorbei war. Der Arzt Joseph Johann Baptist Virgil Barisani war beispielsweise Sohn des Mozart-Hausarztes und war so etwas wie der erste Landes-Sanitäter Salzburgs.

Ein hübsches Pärchen: Joseph Sebastian Müller und Franz Joseph Wohlmuth. Der erste war ein Raubmöder und hat eine Thalgauer Witwe ins Jenseits befördert - was ihm der letzte Salzburger Henker Wohlmuth mit gleicher Münze heimzahlte.  Vom "Letzten Henker" gibt es ein Ölbild.

altAch ja, wenn man aus dem Museum rausgeht: Die Mozart-Statue stammt auch von einem Bayern: vom Münchner Hofbildhauer Ludwig Schwanthaler. Es war ja doch fast immer die wunderbarste Harmonie zwischen Salzburg und Bayern. Die kleinere Schau in Laufen werden wir uns natürlich auch anschauen bei Gelegenheit. Dort geht es um die Jahre von 1816 bis heute – als Laufen „geteilte“ Stadt wurde und man fortan mit der Grenze leben musste.

Beinah ein Treppenhauswitz der Geschichte: 1921 ließ man die Salzburger abstimmen, und 99 (!) Prozent votierten dafür, dass man Bayern angegliedert würde. Politisch hatte das freilich keinerlei Folgen. Und so sind wir Österreicher, haben uns auch dialektmäßig angegliedert – wogegen Sprachwissenschafter meinen, dass im Rupertiwinkel (dem einstigen Salzburger Teil des heutigen Bayern) noch der ursprüngliche Salzburger Dialekt gesprochen werde.

Die Ausstellung „Grenzen überschreiten – Bayern und Salzburg 1810 bis 2010“ wird am Samstag (12.6.) eröffnet, zuerst in Salzburg (10.30 Uhr) und dann, eine Lokalbahnfahrt später, in Laufen (14.30 Uhr). Neben Kombitickets gibt es auch Arrangements inklusive Lokalbahn-Fahrt. - Bis 31. Oktober. - www.salzburgmuseum.at
Bilder: dpk-krie

 

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