Tiefer als unter die Haut

DOMQUARTIER / RESIDENZGALERIE / REMBRANDT

07/12/16 Das ist es, das wertvollste Bild der Residenzgalerie, des DomQuartiers, ja Salzburgs: Mit gut fünfzehn mal zwölf Zentimetern ist es ein Zwerglein unter den vielen an der Salzach ansässigen Kunstriesen. Aber gemalt hat die „Betende alte Frau“ anno 1629/30 Rembrandt van Rijn. Mit Ölfarben auf vergoldeter Kupferplatte - Traumstoff voller kunsthistorischer Geheimnisse.

Von Heidemarie Klabacher

Das kleinformatige Gemälde und einige Grafiken mit Porträts ebenfalls aus der Rembrandt-Zeit stehen war im Mittelpunkt der Präsentation. Tatsächlich aber ist „Rembrandt. Unter der Farbe“ eine beinah reine „Technik-Ausstellung“. Gezeigt wird, mit welch aufwändigen und innovativen Methoden Kunsthistoriker mit Hilfe neuester Technik durch die Jahrhunderte zurückblicken und selbst einem Rembrandt auf den Pinsel zu schauen vermögen.

Zu sehen sind etwa Videos über die Arbeit im Forschungslabor oder Projektionen, die die Arbeitsweise Rembrandts in tatsächlich atemberaubender Weise greifbar machen. Ein 3D-Modell der alten Dame hat etwas beinahe Spacig-Futuristisches. Eine Vitrine mit Farbpigmenten mutet dagegen beinahe mittelalterlich an, macht aber ebenfalls faszinierend deutlich, wie viel kostbarste und vor allem strahlende Farbpigmente in dem scheinbar düsteren Gemälde verwendet wurden. Von Kupfer und Gold ganz zu schweigen.

Der Bestand der Residenzgalerie an niederländischen Werken des 17. Jahrhunderts stammt großteils aus der Czernin’schen Gemäldegalerie in Wien und zählt heute zu den bedeutenden Sammlungen Europas. Rembrandts „Betende alte Frau“ stammt ebenfalls aus der Niederländersammlung des Grafen Czernin und wurde auf Initiative von Landeshauptmann Wilfried Haslauer senior 1980 für die Residenzgalerie Salzburg erworben.

Nun steht das Kleinod bis Sommer nächsten Jahres im Zentrum seiner eigenen Ausstellung mit dem sprechenden Titel „Unter der Farbe“. Das ist wörtlich zu verstehen. Bereits 2014/15 wurde mit dem Rembrandt-Forschungsprojekt begonnen, mit zunächst klassischen Methoden der Kunsthistoriker wurden untersucht: Provenienz, Malmaterialien, Textur, Bildgattung, Werkstattabläufe, zeitgenössische Rezensionen sowie der kulturhistorische Hintergrund und Rembrandts Umfeld in seiner Heimatstadt Leiden.

Dann kamen die Naturwissenschaftler dran und haben Untersuchungen mittels einer Infrarot-Reflektographie und Röntgen-Floureszenzanalyse durchgeführt. Was vereinfacht gesagt heißt, dass dem Bild nicht nur unter die Haut, sondern bis in die tiefsten Schichten seiner Substanz geschaut wurde. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden nun in dieser Studioausstellung präsentiert.

Die Kunstwelt blickt inzwischen gespannt nach Salzburg: Die grundlegenden technischen Analysen liefern Einblicke in Bildgenese, das Repertoire der verwendeten Materialien, in die Maltechnik und die individuelle Textur, die wiederum mit den Ergebnissen der Untersuchung eines ähnlichen Werks - Rembrandts „Lachender Soldat“ im Mauritshuis in Den Haag - verglichen werden konnten. Weitere Gemälde der Rembrandtschule aus dem Bestand des Landes Salzburg sollen untersucht werden. Die Ergebnisse werden in der „Rembrandt-Database“ der internationalen Forschergemeinschaft zur Verfügung gestellt.

„Das Gemälde ‚Betende alte Frau’ von Rembrandt Harmensz van Rijn – auch ‚Rembrandts Mutter’ genannt – ist hinsichtlich der Malmaterialien und der Maltechnik eine Besonderheit“, sagt Gabriele Groschner, die Leiterin der Residenzgalerie, die das umfassende Forschungsprojekt initiiert hat. „Auf eine vergoldete Kupferplatte gebannt, zeigt das Bild das herausragende technische Know-how des Künstlers. Auch die Empathie, mit der Rembrandt das Modell zeigt, ist einzigartig.“

Rembrandt. Unter der Farbe – bis 26. Juni 2017 in der Residenzgalerie – Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen
Bilder: RG/Ulrich Ghezzi (2); Markus Huber (1)