Das Unvorstellbare vorstellbar machen

INTERNATIONALE SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST

26/08/15 Es ist jedes Mal etwas ganz Besonderes, sich der Atmosphäre in den Klassen der Sommerakademie auf der Festung auszusetzen. Hier ist Produktivität und Kreativität unmittelbar zu erleben. Ein spezieller Reiz geht vom Unfertigen aus, vom Prozess, in dem die Studierenden gerade stecken.

Von Werner Thuswaldner

Was dieses Jahr vor allem auffiel, als die Direktorin der Akademie, Hildegund Amanshauser am Mittwoch (26.8.) durch einige Klassen führte, war die Individualität, die die Studierenden entfalten. Die Kursleiterinnen und -leiter scheinen diese Tendenz geradezu herauszufordern, sie gehen auf die Einzelpersonen ein. Weit weg sind die Zeiten, da in riesigen Klassen Scharen von Studierenden, Hermann Nitsch nacheifernd kübelweise Farbe auf die Leinwand schütteten.

Spannend etwa ist es zu sehen, was die Künstlerin Nora Schultz, in ihrer Klasse auslöste, als sie ihren Schützlingen erklärte, sie sollten sich vorstellen, ohne Identität an einem Flughafen gestrandet zu sein und festzusitzen. Dies war als Impuls gedacht, skulpturale Lösungen zu finden. Und sie fanden sich tatsächlich, in krasser Verschiedenheit, nicht zuletzt durch das Ausbeuten eines Schrottplatzes.

In der Klasse von Adriana Czernin zeigt eine englische Studentin, wie sie sich mit selbst gewebten orangenen Fäden einen eigenen Raum einrichtet. Eine Studentin aus Argentinien nahm sich das Werk eines Architekten vor, ging auf dessen Formensprache ein und formte aus Karton modellhafte Baukörper, die sie zu neuen Ensembles kombiniert. Eine andere Studentin, Schülerin von Nora Schultz, richtete sich ein „Spiegelkabinett“ ein, vervielfachte ihren Arbeitsbereich und schuf mit einem Rahmen, der gleichsam eine Bildfläche umgrenzt, überraschende Blickwinkel auf ihre Umgebung. Adriana Czernin geht es um nicht weniger, als die Spannung zwischen Form und Inhalt zu thematisieren. Über so etwas Grundsätzliches müssen sich Künstlerinnen und Künstler im Klaren werden.

Das Begeisternde ist in vielen Fällen das große Spektrum der verschiedenen Ansätze. Malerei im herkömmlichen Sinn gibt es nach wie vor. Der Lehrer Tomasz Kowalski erklärt in knappen Worten, worauf es ankommt: Dem Innersten, also Träumen, Visionen, Ängsten, Ausdruck zu verleihen.

Geschäftigkeit herrscht in der Klasse von Elisabeth Schmirl, wo an Druckerpressen hantiert und Kupferblech bearbeitet wird. Partnerschaftlichkeit sei ein wichtiges Prinzip, das zu guten Ergebnissen führe, sagt Elisabeth Schmirl. Auch hier ist die Spannweite breit, neben illustrativen entstehen auch freie graphische Arbeiten, auch Buchprojekte werden verwirklicht.

Diese Woche endet die Sommerakademie, während der es 21 Kurse verschiedener Länge – von einer Woche bis zu vier Wochen – gegeben hat. 328 Teilnehmer wurden diesmal verzeichnet. Leider mussten auch Bewerber aus Kapazitätsgründen abgewiesen werden. Insgesamt gab es ein breit gefächertes Angebot, von der Schmuckgestaltung bis zur Steinbildhauerei, dem Entwickeln von Bildgeschichten bis zur Beschäftigung mit der Stadt als vielschichtigem sozialem Gebilde. Asyl wurde zu einem Thema. Unter der Führung von Nichtsalzburgern wurden Stadtspaziergänge unternommen.

In allen Klassen der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst wird in den kommenden Tagen die Abschlusspräsentation vorbereitet, die am Freitag (28.8.) auf der Festung Hohensalzburg (Arbeitshaus, Mönchsberg 34, 5020 Salzburg) und im Steinbruch am Untersberg (Fürstenbrunn, 5082 Grödig) zu sehen ist, zwischen 12 und 21 Uhr – www.summeracademy.at
Bilder: Sommerakademie / Pia Streicher