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Der Kunst ihre Säulen

KUNST-LITFASS-SÄULEN

10/01/14 Zwei strahlende lachende Frauen in kraftvoller Pose. Die zentrale Frage aller Leser -  „Welches Buch?“ - in Endlosspirale: In Salzburg stehen seit heute Freitag (10.1.) zwei Kunst-Litfaßsäulen. Die eine an der Ecke Franz-Josef-Straße/Rainerstraße, die andere vor der Stadtbibliothek.

Von Heidemarie Klabacher

415Im Gegensatz zu den oft kreuz und quer herumliegenden „A-Ständern“ stehen Litfaßsäulen unverrückbar wie Felsen in der urbanen Brandung. Manchmal bekommt eine Säule eine Blume oder eine Badehose oder ein Monster verpasst, wie etwa die Themensäulen des MdM beim Mozartsteg am Rudolfskai. In der Regel trotzen Litfaßsäulen Unfug oder Vandalismus.

Ernst Litfaß, ein Drucker aus Berlin, hat mit der Erfindung seiner „Annoncier-Säule“ Werbegeschichte geschrieben: Seit 1855 gehören die nach ihm benannten Litfaßsäulen zum Bild jeder Stadt. In Salzburg sind es derzeit 258. Zwei von ihnen stehen ab sofort im Dienste der Kunst, nicht nur einer Kunstinstitution. Die Stadt Salzburg hat im Sommer 2013 auf Anregung des Kunstbeirates der Stadt gemeinsam mit der Firma Progress Werbung erstmals den Wettbewerb „Kunst-Litfaßsäule“ ausgeschrieben. Bildende Künstlerinnen und Künstler mit Schwerpunkt Medien- oder Videokunst waren eingeladen, Vorschläge für Plakat-Säulen an zwei Standorten zu entwickeln.

Es sei dem Kunstbeirat quasi zu fad geworden, immer nur Einreichungen zu sichten und Projekte zu bewerten, so der Kunstbeirats-Vorsitzende Werner Thuswaldner heute Freitag (10.1.) bei der Präsentation der ersten beiden Kunst-Litfaßsäulen. Es freue den Kunstbeirat „außerordentlich“, dass die Idee aufgegriffen wurde und man als Gremium auch einmal „selber aktiv werden konnte“.

414Ausgewählt wurden die Arbeiten von Mischa Reska und Sigrid Kurz, von Erik Hable und Bernhard Lochmann. Heute Freitag (10.1.) wurden „vor Ort“ die Kunst-Litfaßsäulen von Mischa Reska und Sigrid Kurz präsentiert. Anfang März werden sie von den Arbeiten von Erik Hable und Bernhard Lochmann abgelöst. Die Kunst-Litfaßsäulen stehen jeweils zwei Monate lang an der Franz-Josef-Straße bzw. vor der Stadtbibliothek. Man habe sie ganz bewusst außerhalb des Altstadtkerns aufgestellt, so Thuswaldner. Sollte das Projekt fortgeführt und erweitert werden können, werde man damit ebenfalls in Bezirke und Bereiche außerhalb des Zentrums gehen. Auch an eine Kooperation mit „Kunst am Bau“ des Landes Salzburg werde bereits gedacht. „Ein kleines feines Projekt auf das wir sehr stolz sind“, sagte Ingrid Tröger-Gordon, die Leiterin der Kulturabteilung der Stadt Salzburg, bei der Pressepräsentation.

Die „klassische“ Litfaßsäule an der Franz-Josef-Straße bespielt also die Künstlerin Mischa Reska, und zwar mittels Malerei: Sie hat eigens für die Säule Portraits der beiden Salzburger Künstlerinnen Julie Hayward und Karin Pliem geschaffen, deren Arbeit sie ins Bewusstsein rücken möchte. Auf der Litfaßsäule klebt kein Druck, sondern wirklich ein Gemälde: „Ein Original im öffentlichen Raum ist heute so unerwartet wie ein handgeschriebener Brief“, so die Künstlerin. Ein kurzer Begleittext, quasi eine erweiterte - bleistiftgeschriebene - Signatur berichtet, wer da wen gemalt hat.

416Für die mit Licht und Drehmotor aufgerüstete „neuzeitliche“ Variante der „City Light Säule“ vor der Stadtbibliothek hat Sigrid Kurz das Projekt „Welche Bücher lesen?“ entworfen. Diese Frage steckt als Textzeile zwischen den angedeuteten Seiten eines aufgeschlagenen Buches und wiederholt sich auf vier Plakaten in den Grundfarben Blau, Rot, Gelb und Schwarz. Fragen seien überhaupt ein ihrer künstlerischen Arbeit ständig wiederkehrendes Element, so Sigrid Kurz. Mit Fragen thematisiere sie Austausch und Reflexion. Mit „Welche Bücher lesen?“ fassse sie Apekte der Themen Information, Medien, Publikum oder Öffentlichkeit zusammen, so die Künstlerin.

Anfang März wird dann gewechselt: Bernhard Lochmann übernimmt die Litfaßsäule Franz-Josef-Straße mit einem interaktiven Projekt: Er wird das Affichieren von Meinungen über Gesellschaft, Stadt oder Lebenswirklichkeit ins Zentrum stellen. Ausgangspunkt sind Lithografien – die Lochmanns Werkserien „Too big to fail“ und „Gewinnzone“ - die an Plakate erinnern und 417Schlagwörter aus Politik und Wirtschaft aufnehmen. Er werde diese Lithografien auf der Litfaßsäule zunächst in Form einer gedruckten Collage plakatieren. Danach werde er zwei Kolleginnen und einen Kollegen einladen, auf seine eigene Arbeit zu „reagieren“ und diese quasi zu überkleben. Iris Andraschek (Jahrgang 1963, lebt in Wien), Peter Baldinger (Jahrgang 1958, lebt in Wien) und Helga Gasser (Jahrgang 1979, lebt in Salzburg) werden also ihre Positionen affichieren: „Die Litfaßsäule wird dadurch zum Ort der öffentlichen politischen und künstlerischen Auseinandersetzung.“

Erik Hable wird die moderne  dreh- und beleuchtbare Säule vor der Stadtbibliothek nutzen: Er mache aus einem bäuerlichen Ornament, das er auf einem Jausenbrett entdeckt habe, durch Abstraktion und Wiederholung ein orientalisch anmutendes Muster: Die transparente Innenseite der Plakatsäule wird mit einer Muster-Ebene beklebt, der drehbaren Teil mit Motiven in Blacklight-Print. "Durch die Drehbewegung oszillieren die sich überlagernden Ornamentmotive.“

Als Werbemedium und öffentliches Kommunikationsmittel seien die prominenten Plakat-Träger auch im digitalen Zeitalter unschlagbar, so Fred Kendlbacher, der Geschäftsführer der Progress Werbung . Die Kulturabteilung unterstützt die ausgewählten Projekte mit je 1.000 Euro für die Gestaltung der Entwürfe. Die Progress Werbung, der übrigens auch die charmanten MdM-Säulen am Rudolfskai zu verdanken waren, übernimmt die Ausführungskosten.

Bilder: dpk-klaba

 

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