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Kälberärzte, Requiemsdoktoren, Polsterprofessoren

FASSADENKUNST / CHIRURGIE WEST

21/12/12 „So du solches nicht weißt, was meinest du, das du für ein Arzt seiest? Nichts als ein Rumpler.“ Was Paracelsus mit „Rumpler“ meint? Nichts Nettes wird es nicht sein. Der umstrittene „Luther der Medizin“ war ja – genau wie ein Kollege von der Theologie – immer für starke Sprüche gut: Einige davon zieren neuerdings die Fassade des Operationstraktes der Chirurgie West.

Von Heidemarie Klabacher

„Denn wie ein Lamm und Schaf soll der Arzt sein, der da von Gott ist. Wie ein Wolf aber ist der, der wider Gott seine Heilkunst gebraucht: Sie schneiden aus Lust, rein zur Vermehrung ihres eigenen Nutzens und verachten das Liebesgebot.“ Das sagt ebenfalls Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, der auf seinen verschlungenen Lebenswegen auch in Salzbug vorbeigekommen und hier 1541 gestorben ist. Wir betrachten ihn also gerne als Unsrigen. Die Privatmedizinische Universität in Salzburg ist nach ihm benannt.

Nun zieren Aussprüche des umstrittenen Doctors und Philosophen die Chirurgie West: Der bildende Künstler Michael Kienzer habe die Fassade des Operationstraktes der Chirurgie West mit Zitaten von Paracelsus gestaltet, meldet die Landeskorrespondenz. Die Fassade reiche „vom zwölf Jahre alten Bauwerk bis in den kürzlich fertig gestellten Anbau in Salzburg-Mülln“. Initiiert und finanziert wurde die Arbeit vom Fonds Bauen und Kunst.

„Für die Chirurgie West bediene ich mich verschiedener Zitate von Paracelsus, der sowohl zu Salzburg wie auch zur Medizin Bezüge herstellt. Die von mir gewählten Zitate haben bis heute ihre Gültigkeit und Aktualität behalten. Gerade seine Aussagen über Kunst sind dabei verblüffend modern, und das Zitat zur Medizin ist sehr bekannt und immer noch wahr und von Bedeutung“, sagt Michael Kienzer.

Die Hauptsache - welchen Spruch der Künstler tatsächlich ausgewählt und vollständig lesbar in seine Arbeit eingebaut hat - wird verschwiegen. Wahrscheinlich aus gutem Grund, denn man findet in den Schriften des Paracelsus nicht viel Positives über „Kälberärzte, Requiemsdoktoren, Polsterprofessoren“. Für ihn alles Leute, „die in den Büchern der Alten rumpeln wie die Sau im Trog“.

Gut auf die Fassade der Chirurgie West passen würden die Reflexionen Theophrasts über das „Ungewisse“ der Chirurgie, das den Chirurgen in Unruhe hält: „Hab ich auf solches mehrmals mir vorgenommen, diese Kunst zu verlassen“. Zu bedenklich erscheine sie ihm, oft nur ein Fabelwerk „und ein süß Misslocken des Pfennings“. Paracelsus vertrat nicht nur – stark vereinfach gesagt – einen ganzheitlichen Ansatz in der Heilkunde. Auch seine Anforderungen an die Bildung und Moral und Reflexionsfähigkeit eines Arztes, waren umfassend: „Er soll nicht sich selbst für sicher genug halten, alle kritischen Zustände beherrschen zu können.“

Ob die Studentinnen und Studenten der PMU jemals Paracelsus lesen? Auch sie bekommen ihr Teil: „Die alten aber, sie hocken da an einem Ort wie ein Bleiklotz, dass es Gott erbarme. Und die Jungen, sie wollen mit 24 Jahren schon Doktor sein, um als ein unzeitiges Kalb die Hohe Schule zu verlassen: Wie kann aber einer in so wenig Jahren, in dreien, höchstens in fünfen, studieren, dass er ein Doktor mög’ werden?“ Von der Uni als solcher hat Paracelsus auch nicht viel gehalten: „Da verließ ich der alten Skribenten Bücher und Schriften mitsamt ihrem Geschwätz, das da pflegen die von den hohen Schulen.“ Trotzdem hegte er Hoffung: „Die jungen werden in eine andere Haut schliefen“.

Wir haben in einem Buch geblättert, das in antiquarischen Bücherdiensten im Internet noch leicht aufzustöbern ist:
Heinrich Schipperges: Paracelsus. Das Abenteuer einer sokratischen Existenz. Aurum Verlag, Freiburg im Breisgau 1983.
Bilder: LMZ-Wieser (2)/www.oenb.at /(1) dpk-Arciv (1)

 

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