Globale Teufeleien

GALERIE FOTOHOF / FRÉGER / WILDER MANN

06/12/11 Im Jahr 2009 war der Fotograf Charles Fréger ausgerechnet in der Zeit der Krampusläufe in Salzburg. Das hat Eindruck auf ihn gemacht, er hat sich aber auch erinnert, solche Maskenfiguren schon anderswo gesehen zu haben. In Sachen Krampus scheint Europa schon immer ziemlich globalisiert zu sein.

Von Reinhard Kriechbaum

Seine fotografische Recherche hat Fréger dann durch achtzehn Länder geführt, und er ist vielerorts auf regional abgewandelte, aber im Kern durchaus vermeintlich „alpenländische“ Krampusfiguren gestoßen: Das Fellkleid ist sehr typisch, auch Kostümierungen mit Stroh kommen vor („Schab“ heißt diese Larve im steirischen Ennstal). Der Umgang solcher Figuren als Personifikationen des Unheimlichen, Angst-Machenden, sind offensichtlich ein Archetypus.

Dass man über manche dieser Verkleideten, die nicht nur mit Teufelsmasken, sondern auch mit Tierkopf-Larven daherkommen können, herzhaft lachen kann, ist ein kathartischer Effekt: Unsere ulkige „Habergoaß“ gibt es genau so bei den Slowenen, wie überhaupt der „Wilde Mann“ (so nennt Charles Fréger seine Bilderserie) in romanischen, germanischen wie slawischen Kulturkreisen gleichermaßen vorkommt.

Der Franzose Charles Fréger (er lebt in Rouen) zielt nicht auf volkskundliche Dokumentation (leider sind die Aufnahmen nicht mal beschriftet). Ihm geht es um die Dokumentation von Gruppen- und Zusammengehörigkeitsgefühl. Für die Bildserie „Winner Face“ hat er Eiskunstläuferinnen beobachtet, in jenem bangen – oder befreienden – Moment, da sie nach der Kür hinaufschauen zu Anzeigetafel, wo soeben die Wertungsnoten aufscheinen. Weil das finnische Synchron-Eislaufteam gleiche Kostüme und denselben strengen Haarknoten trägt, wirken die jungen Damen perfekt synchron über Blick und Mimik hinaus.

Fast absurd-komisch die Porträts der Serie „Hereros“. So heißt ein südafrikanisches Hirtenvolk. Sie stellen eine possierliche „Streitkraft“, indem die wehrhaften Männer in ausrangierte Militärkostüme schlüpfen. Was für ein kurioses Sammelsurium aus dem Second-Hand-Military-Shop! Einer trägt sogar den Schottenrock der Highlanders. Was an Jacken, Kappen, Hosen zusammen getragen wird, macht Schmunzeln. Dessen ungeachtet: Alle präsentieren sich mit Ernst und Sendungsbewusstsein. Kleider machen Leute, auch wenn diese zusammengebettelt sind.

Zum letzten Mal ist man jetzt also im Fotohof an einem alten Standort auf dem Erhardplatz im Nonntal, die Schau „Wilder Mann“ ist bis 21. Jänner 2012 zu sehen. Dann übersiedelt der „Fotohof“ ins Stadtwerk Lehen, wo am 24. Februar die erste Ausstellung eröffnet wird. Inge Morath Platz 1-3 wird künftig die Adresse sein. – www.fotohof.at
Bilder: Galerie Fotohof