Rasant am Motiv vorbei

UBR GALERIE / WOLFGANG KESSLER

17/08/10 Fotorealismus? Das eben nicht. Ulrike Reinert hat einige Künstler im Portfolio ihrer Galerie, die das Verhältnis von Malerei und Fotografie kreativ ausloten. Wolfgang Kessler gilt heuer die Schau zur Festspielzeit.

Von Reinhard Kriechbaum

Man denkt unwillkürlich an einen Blick aus dem Zugfenster. Es muss ein Hochgeschwindigkeitszug sein, denn die Landschaft, die Häuser, die Büsche entlang des Bahndamms und vielleicht sogar die Telegrafenmasten schwirren vorbei. Letztere nimmt man gar nicht mehr konkret wahr.

Es ist das erste Mal, dass der 1962 geborene Hannoveraner, der in Detmold lebt, in Österreich ausstellt. Seit zwölf Jahren arbeitet Wolfgang Kessler an einer Serie "Zwischenraum". Dazu kommt jeweils als eigentlicher Bildtitel ein in Klammer gesetztes Wort: Station III, Emblem, Mosaik, Kolonne. Das ist also ein Hinweis darauf, dass Wolfgang Kessler von ganz konkreten Situationen ausgeht, von Szenerien, die er zuerst fotografiert und dann malerisch umformt (Öl auf Leinwand).

Die Motive scheinen von kinetischer Energie voll erfasst und waagrecht in die Breite gezerrt. Die Querformate der Leinwände verstäürken diesen Eindruck. Fabrikhallen, Container-Ansammlungen - das sind willkommene Motive für Kessler. Die "Originale" wird man im sprichwörtlichen "Weichbild" der Stadt suchen, in den wenig attraktiven Randbezirken und Gewerbezonen. Vielleicht auch entlang von Bahnlinien in die Vororte hinaus.

Näherer Betrachtung hält die imaginäre "Verschwommenheit" dann gar nicht stand. In Wirklichkeit sind das nämlich durchwegs sehr scharf und beinah geometrisch ausgeklügelt gesetzte Striche. Das ist alles sehr präzis und gar nicht irgendwie "schummrig" gemalt. Eine Art weißer Sockel am unteren Bildrand, manchmal auch auf der linken Seite der Leinwand, ist ein gestalterisches Element, das sich durchzieht. Realistisches Foto, malerische Imagination und nicht zuletzt das, was die Betrachter aus ihrer Erfahrung hinaus unmittelbar an Bewegung hinein-lesen: In diesem Spannungsfeld stehen die Bilder.

Bis 4. September in der UBR Galerie. - www.ubr-galerie.com
Bilder: UBR Galerie