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Mumifizierte Erdnuss

KUNST IM TRAKLHAUS

20/02/20 Mauer aus Stein und Stahl. Die Wege der Unrast. Wüstenblume: In der Ausstellung Habitat zeigen zwei Künstlerinnen und zwei Künstler Fotografien, Videos, Installationen und Skulpturen zum Thema Lebensraum. Blocks of Serenity präsentiert Sira-Zoé Schmid. Und in der Nacht stehlen sie unsere Vergangenheit.

Von Heidemarie Klabacher

Ein ummauerter Garten – Symbol für Glück, Geborgenheit, Frieden. Eine Mauer durch eine Stadt, quer durch ein Land folgend einer willkürlich angenommenen Grenze zwischen Arm und Reich – Symbol für Ausgrengzung, Willkür und Gewalt... Die in Wien lebende Salzburger Künstlerin Sira-Zoé Schmid befasst sich in ihren aktuellen Blocks of Serenity mit „Grenze, Separation, Freiheit und deren Manifestationen in urbanen Räumen“: „Diese Barrieren aus Mauern und mehrere Meter hohen Zäunen sollen Besitz schützen, Sicherheit bieten, sind aber auch ein Symbol der Ab- und Ausgrenzung“, so die Künstlerin. Auf welcher Seite der Mauer sie steht, aus welchem Blickwinkel heraus ihre Arbeiten entstanden, lässt sich nicht sagen.

Die Fotos wirken auf den ersten Blick abstrakt und nach strengen formalen Kriterien aufgebaut, sind teils lähmend in ihrer klaustrophobischen Wirkung, wie etwa Sketche I mit ihrem undurchdringlichen Gitterwerk aus schräg gestellten Stahlelementen. Entstanden sind die Arbeiten von Sira-Zoé Schmid in Chicago während eines vom Land Salzburg vergebenen Auslands-Atelier-Aufenthaltes. Hübsch sind die unfreiwilligen oder zufälligen Beziehungen zwischen Werk und Raum - etwa wenn die eine Mauer genau vor das Fenster des Galerieraums projiziert und somit ins Offene entlassen wird... Kleine Beton-Elemente, in denen junge Pflänzchen ein tapfer sprießen gehören ebenso zur Werkgruppe wie etwa das Video Desert Flower II. Daraus entstanden auch die betörend schönen großformatigen Fotos der kahlen Steinwüste in der eine Frau mit aufgespanntem blauem Regen- oder Sonnenschirm spaziert: Wüstenblüme. Blaue Blume - vielleicht nicht der Romantik, aber eines höchst poetischen „Trotzdem“.

Ein besonderes Anliegen waren Dietgard Grimmer, der scheidenden Leiterin der Kunst im Traklhaus die Kooperationsausstellungen. Es freue sie daher besonders, dass ihre letzte Arbeit als Leiterin der Landesgalerie eine Doppelausstellung im Rahmen dieses Kooperationsprogramms ist, sagte Grimmer jüngst im Gespräch mit DrehPunktKultur. Partner ist in diesem Falle das Atelierhaus Salzamt Linz, wo die Ausstellung letzten November zu sehen war: Neben den Fotografien, Objekte und Video-Arbeiten von Sira-Zoé Schmid zeigt die Gruppen-Ausstellung Habitat Arbeiten von Margit Greinöcker, Matthias Klos, Daniel Stempfer und Christina Werner: Sie betrachten das Thema Lebensraum aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Reihenhäuser aus Holz mit hölzernen Jalousien davor? Eine mittelalterliche oder gar eine antike Bibliothek? Simple Bücher- oder teure Weinregale? Oder doch Container am Verschiebebahnhof? Margit Greinöcker verwendet Füllmaterial aus Karton, besonders dessen „Innenleben“ und inszeniert sie zu erstaunlicher Architektur. Schaumfolie, ebenfalls Füllmaterial, feinsäuberlich zusammengehnäht, erfüllt den Studioraum wie eine duftige Wolke.

Matthias Klos blickt auf urbane Un-Orte wie etwa eine Verladezone, die Einfahrt in eine Unterführung oder ein ehemaliges Silogebäude, die durch Bildausschnitt und Blickwinkel eine abstrakte Ästhetik bekommen. Für seine Topografien der Unrast folgte der Künstler der Europastraße 67 über Tschechien, Polen in die baltischen Länder: „Dabei entstanden Fotografien von Transport und der dazugehörigen Infrastruktur, die durch unser Begehren nach Waren hervorgebracht werden“, so der Künstler.

Die überdimensional großen Erdnüsse aus Jute von Daniel Stempfer sind während seines Auslandaufenthalts in Japan entstanden. Die dort bis ins 19. Jh. ausgeübte Praxis der Selbstmumifizierung regte den Künstler zur Auseinandersetzung mit der Haltbarmachung von Vergänglichem zu unterschiedlichsten Zwecken an. Die Kombination von organischen und anorganischen Materialien sind Thema der Skulpturenserie Tamagotchi.

Christina Werner setzt sich in ihrer Installation mit dem Demokratie-Abbau in Ungarn anhand der Umgestaltung von öffentlichen Plätzen und Umstrukturierungen von Institutionen in Budapest auseinander. Repräsentation von Macht und Politik stehen im Vordergrund des Projektes mit dem Titel in the night they steal our past. Dieser stammt von einem Artikel über den nächtlichen Abbau der Imre Nagy Statue in der Nähe des Parlaments in Budapest.

Die Kooperationsausstellung Sira-Zoé Schmid Blocks of Serenity Vol. III und Habitat ist bis 21. März in der Galerie im Traklhaus zu sehen - www.salzburg.gv.at
Bilder: dpk-klaba

 

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