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Voller Witz und Traurigkeit

LANDESTHEATER IM CIRCUSZELT / CABARET

16/05/22 „Willkommen, bienvenue, welcome...“ Die Wiederaufnahme des Musicals im singulären Ambiente des Circuszelts schlägt an Intensität die ohnehin grandiose Produktion. Ein Jahr nach der Premiere droht auch noch – wie damals in Berlin – der Krieg.

Von Heidemarie Klabacher

„Die hier erreichte Intensität zeigt den Schauspieler als Ausnahmeerscheinung. Allein für diese Minute muss man die Aufführung gesehen haben“, schrieb vor einem Jahr – beinah auf den Tag genau – DrehPunktKultur nach der Premiere. Die wundersamen silbernen Disco-Kugeln je nach Bedarf in verschiedenen Höhen schwebend vermitteln überirdische Eindrücke. Die vielen Koffer, aus denen schöpfend das Personal des KitKat-Club sich von Hausfrauen und Buchhaltern in betörende Wesen der Nacht – und wieder zurück verwandelt. Die so authentischen wie unaufdringlichen Kostüme: All das ist 2022 wieder da – allerdings nicht im gold-putzig-stukkierten Landestheater, sondern im prächtigsten aller nur wünschbaren Zirkuszelte. Damit blühen und gedeihen die Gesangsnummern, die fulminanten Auftritte des Conférenciers in ihrem natürlichen Habitat. Die Personen und ihre Darsteller treten meist nicht auf oder ab, sondern setzen sich quasi als teil des Publikums ans Zirkusrund, sich noch im Abgehen umkleidend oder den anderen kleine Handgriffe leistend.

Die eine Ebene des Musicals, die Story vom legendären Tanz auf dem Vulkan in den letzten Momenten vor Machtübernahme der Nationalsozialisten in Berlin, entwickelt in der Manege eine betörende Atmosphäre. Für die andere Handlungsebene, für die Pension des Fräulein Schneider, in der zwei Beziehungen voll Hoffnung beginnen und auf tragische Weise scheitern, reicht ein Türstock.

Die sängerischen und schauspielerischen Leistungen in der Regie Andreas Gergen sind begeisternd und bewegend. Marco Dott als Conférencier ist das charismatische Herz der Produktion. Patrizia Unger ist eine fulminante Sally Bowles. Gregor Schulz gibt als Amerikaner in Berlin einen charmanten, aber nicht naiven Clifford Bradshaw, Matthias Hermann ist der – zunächst gar nicht ungute – Nazi Ernst Ludwig. Julia-Elena Heinrich ist das schnippische Fräulein Kost mit wechselnden Matrosen im Schlepptau. Axel Meinhardt ist der liebenswürdige jüdische Obsthändler Herr Schultz, der das angebetete Fräulein Schneider mit Südfrüchten umwirbt. Das Ende von Romeo und Julia ist nicht annähernd so traurig, wie das Zerbrechen des späten Glücks des ältlichen Paares an der irren Nazi-Doktrin. Britta Bayer als Fräulein Schneider ist das zweite Zentrum der Produktion. Die schon nach der Premiere gepriesenen sängerischen und darstellerischen Leistungen bekommen in der authentischen Zirkusatmosphäre noch einen zusätzlichen Wirkungs-Schub. Das Orchester unter der Leitung von Gabriel Venzago trägt die Protagonisten swingend und federnd.

Cabaret - Aufführungen im Circuszelt auf dem Messegelände bis 12. Juni - www.salzburger-landestheater.at
Bilder: LT/ Anna-Maria Löffelberger

 

 

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