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Was tue ich, wenn ich eine tote Katze bin

SCHAUSPIELHAUS / LAMM GOTTES

20/05/21 Der letzte Tipp kommt vom lieben Gott persönlich. Es ist ja auch heutzutage nicht leicht, den Teufel auszutricksen. Schon gar nicht, wenn er ohnehin so entgegen kommend war, wie nie zuvor seit der Erfindung des Teufelspaktes... Der Mensch jedenfalls ist und bleibt dem Menschen ein Wolf. Und der liebe Gott hat ihn dazu gemacht?

Von Heidemarie Klabacher

Der Jubel über die lang verschobene Premiere von Michael Köhlmeiers Lamm Gottes im Schauspielhaus ist soeben verklungen. Es ist noch nicht dunkel draußen, der Regen macht Pause. Aus dem Orchesterhaus klingt Symphonisches. In der Volkskultur scheint ebenfalls was los zu sein. Mittwoch 19. Mai. Wie überall in der Stadt und dem Erdkreis legte auch im Nonntal die Kultur los. Schauspielhaus-Intendant Robert Pienz dankte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler für ihr solidarisches Erscheinen zur ersten Premiere, dankte dem Publikum, weil es die „Mühe des Vorstellungsbesuches“ auf sich genommen hatte. Erzählte, dass der Dichter zwar in der Stadt, aber nicht im Publikum, sondern bei einer Lesung der Kulturvereinigung im Marionettentheater sei. Und ließ dann zwei gemeingefährliche Katzen von der Leine.

Vielleicht hat Michael Köhlmeier, versiert im Olymp und in sonstigen Himmeln, ja nur das Problem der „Trinität“ – ein ohnehin zu anspruchsvolles und verkopftes theologisches Konstrukt – ein wenig vereinfachen wollen auf eine „Dualität“ von Gott und Teufel ? Selten mal zitiert jemand auf der Bühne liturgische, biblische oder sonst wie „heilige“ Texte, ohne dass der innere Kathole „Blasphemie“ schreit. Und das ist schon recht erstaunlich. Denn wer von den beiden in diesem Stück der Ärgere, Menschen Verachtendere, zum Bösen Verführendere ist, will man nicht entscheiden müssen. Müsste man schon den Papst fragen. Am besten den steinalten emeritierten Dogmatiker im Gartenhaus des Vatikan. Vielleicht ist es überhaupt eine „Monotät“ und Gott und Teufel sind bloß zwei Seiten einer Medaille – oder Innen und Außen eines goldenen Smokingjacketts. Vielleicht ist er ja auch nur ein vom Menschen geborener Klugscheißer, ein Conférencier mit Hang zum Lebensratgeber im Reality-TV oder eben zum Prediger in einer x-beliebigen Erweckungskirche.

Jedenfalls will der Tod gleich nach der Hochzeit den Bräutigam holen, lässt sich auf Palaver mit der Braut gar nicht ein und verweist lieber gleich auf den Teufel. Dieser bietet Martha – so heißt sie – perfekte Konditionen: Gleichzeitiger Tod der lange und glücklich gelebt haben werdenden Eheleute, gesunde und glückliche Kinder und Enkelkinder, aber dafür halt auch ewige Verdammnis des Gatten, der von überhaupt gar nichts etwas weiß. Und dann kommt die letzte Stunde. Und Martha will ihren „einzigen großen Fehler“ gut machen, kämpft sich atemlos durch die hundert, von strengen Erzengeln bewachten Vorzimmer des Lieben Gottes – und bekommt einen Tipp.

Und damit kippt ins Abgründige, was ein kluger, unterhaltsamer philosophisch-theologischer Revue-Reigen gewesen ist. Die beiden Katzen, ein schwarzer Kater begleitet ja nicht erst seit Bulgakovs Meister und Margarita den Teufel, die munter über ihren eigenen und ihrer Kätzchen Fress-Tod palavern und auch sonst ziemlich abseitig sind, kommen einem plötzlich vor wie schnurrende Hauskätzchen..

In der gradlinigen und doch recht perfiden Regie von Augustin Jagg im güldenen Tempelbezirk von Ragna Heiny brillieren Stella Roberts als Martha, Hubert Dragaschnig als Prediger, Christiane Warnecke als Katze, Jakob Kücher als Kater und Haymon Maria Buttinger als Tod. Seine Chansons – Musik von Herwig Hammerl – sind Ruhepunkte, bevor das Grauen in die jeweils nächste Runde geht. Ein Gemüts-Stück. Genau richtig zum Lockdown-Ende. Bravo dem Dichter. Bravo dem Ensemble.

Lamm Gottes - bis 31. Mai im Schauspielhaus Salzburg – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: SSH / Gerhard Kresser

 

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