Oder vielleicht doch Barbaren?

LANDESTHEATER / WIR SIND KEINE BARBAREN

26/09/16 „Wir sind keine Barbaren!“ Philipp Löhles Genre Komödie mit Selbstverhinderung löst in der Regie von Claus Tröger in den Kammerspielen viel Lachen, mündet aber in eine bleischwere Moral von der Geschicht'.

Von Erhard Petzel

Abgesehen vom antikisierenden Chor wird das Konversationsstück von zwei Paaren gestemmt, mit einer Doppelrolle und dem Fremden, der selbst nicht in Erscheinung tritt. Es hat das Zeug zu einer flotten Komödie, die das befrachtete Thema des Unbekannten, der in den eigenen Wirkungskreis einbricht, auf schnoddrige Weise mit Witz abhandeln könnte. Die Umsetzung in den Kammerspielen ist auch folgerichtig darauf ausgerichtet.

Ein etwas aneinander abgelebtes Paar (Britta Bayer, Axel Meinhardt), jenseits seines Zenits der Agilität, sieht und hört sich konfrontiert mit einem hyperaktiven Jungpärchen (Hanna Kastner, Gregor Weisgerber), das in der Nachbarwohnung eingezogen ist. Die gegenseitige Befremdung wird im szenischen Klamauk ausgespielt, ohne den Anspruch auf große Tiefgründigkeit. Die Szenerie steigert sich ins Absurde, als die ältere Frau einen exotischen Fremden aufnimmt. Tempo und Rhythmus bauen sich zu einer furiosen Klimax im Streit der beiden Frauen auf, die auf abstruse Weise zwei entgegengesetzte Wahrnehmungsentwürfe zu Integrationspflicht versus Sicherheitsbedenken durchführt, derweil sich die Männer besser verstehen lernen als vom Zickenkrieg amüsiertes Publikum.

Das abwechslungsreiche Ensemblespiel trägt den Einakter nach Seitensprung und Mord beschwingt zum Finale, doch dieses schleppt sich dann allerdings als Bekenntnisszene dröge und bleischwer einher. Bayer spielt jetzt die Schwester der Ermordeten und muss so wie die übrigen Figuren plötzlich weg aus der Comedy-Haltung, in einen endlosen Streit über Schuld, Verurteilung und Vorurteile. Vielleicht war’s ja der Ehemann, der nun seine Schwägerin im Zorn herwürgt. Selbst wenn man diese Szene durch schrille Überzeichnung als Überspitzung retten wollte, setzt der Chor einen Schlusspunkt mit Holzhammer, so dass ja der Dümmste weiß, was er zu denken hat.

Für ein Drama mit moralischem Bekenntnis ist das Ganze aber zu flach, weshalb der Chor zwar während des Stücks rhythmisch gut integriert, inhaltlich aber wenig elektrisierend wirkt. Schade um die Gesamtwirkung. Ob Claus Tröger durch andere Akzente in der Inszenierung mehr aus dem Stück von Philipp Löhle hätte herausholen können, mag mit der Gegenfrage beantwortet werden, ob es denn dafürgestanden wäre. Angenehm sparsam Eva Musils Ausstattung.

Das Publikum belohnte das Ensemble jedenfalls für sein flottes Spiel und einen vergnüglichen Abend, der ohne Beklemmung ein großes Thema abhandelt.

Aufführungen bis 27. Oktober in den Kammerspielen des Landestheaters – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Anna-Maria Löffelberger