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Gemeinsam aus der Reihe tanzen

SOMMERSZENE / KVS, LES BALLETS C DE LA B

29/06/15 Einen faszinierenden Einblick in Alltag und Seelenwelt junger Palästinenser gewähren „KVS“ und „les ballets C de la B“ bei der Sommerszene. In „Badke“ erweisen sie dem Dabke, einem traditionellen levantinischen Festtanz, die Ehre, indem sie ihn ordentlich in die Mangel nehmen.

Von Christoph Pichler

Es dauert erst mal, bis das Publikum die vier Tänzerinnen und sechs Tänzer zu Gesicht bekommt. Denn die ersten Minuten im republic werden in völliger Finsternis absolviert. Ein anfeuerndes Kommando reicht und schon geht es los, das rhythmische Gestampfe, Getrampel und Geschrei, dem auch ohne visuelle Bestätigung die Lebensfreude und Energie anzumerken ist. Nur langsam lichtet sich die Dunkelheit und eröffnet den Blick auf die zehn Tänzer, die mit dem Rücken zum Zuschauerraum den im Titel verballhornten Reihentanz aufführen.

Es dauert jedoch nicht lange, bis die Ersten aus der Reihe tanzen und in Solos, Duetten oder größeren Gruppenchoreografien die traditionellen Schrittfolgen hinter sich lassen. Ob Modern Dance, Hip-Hop, Artistik, Capoeira oder klassisches Ballett, zumindest tänzerisch scheint es in Palästina keine Grenzen zu geben. Doch lässt sich der Alltag nicht so einfach wegtanzen. Immer wieder tauchen auf der Bühne Leichen auf oder winden sich Verwundete in Schmerzen. Und auch die erotische Spannung steht oftmals kurz vor der Entladung in Gewalt.

Ein Stromausfall bietet schließlich etwas Ruhe vom schier endlos vor sich hinwummernden Folklore-Techno, der die Tänzer sonst vor sich hertreibt. Die Gruppe weiß sich allerdings zu helfen und sorgt mit Pfeifen, Trommeln und Call-Response-Spielchen eben selbst dafür, dass der Rhythmus weiterpumpt, bis die Musikanlage wieder übernimmt.

Selten sind Lebensfreude und Todesangst auf solch mitreißende Weise kombiniert worden. Aber so ist er eben, der Alltag der palästinensischen Tänzer, die in „Badke“ einen ebenso schonungslosen wie hoffnungsfrohen Einblick in ihre zerrissene Welt gewähren. Dabei sorgt gerade die Vermischung von Tradition und Moderne, die das Stück so faszinierend schillern lässt, dafür, dass die Künstler auch in durchaus realer Lebensgefahr schweben. So inszenieren sie auf der Bühne sogar ihre eigene Erschießung, als ob sie damit die Gefahr bannen könnten. Und wirkt nicht ohnehin die ganze schweißtreibende Performance, als ob hier alle um ihr Leben tanzten? Das Publikum in Salzburg war jedenfalls begeistert von der Intensität und Dichte des knapp einstündigen Tanzfeuerwerks und bedankte sich mit Beifallssalven aus sicherer Deckung.

Die Sommerszene dauert bis kommenden Samstag (4.7.) - www.szene-salzburg.net
Bilder: Sommerszene / Bernhard Müller

 

 

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