Freischütz, Teufel und Willi Wiesel

LANDESTHEATER / KAMMERSPIELE / FREISCHÜTZ

09/03/20 Der Freischütz mit dem Teufel als einzig nicht verwieselte Autorität: Das ist die pädagogische Ausgangslage für die Kinder-Adaption des Salzburger Landestheaters in den Kammerspielen.

Von Erhard Petzel

In zwölf Szenen wird Webers Oper auf eine gute Stunde eingedampft, so dass jedes neoliberale Manager-Herz jubelt. Nur die zentralsten Protagonisten sind besetzt. Die üblichen Autoritäten wie Vater Kuno, Landesfürst oder Eremit fallen dem unbarmherzigen Sparstift zum Opfer. Dafür biedert sich ein hochwohlgeborenes Wiesel mit einem Faible für Alliteration als dramaturgische Stütze an, von Ännchen despektierlich auf Willi Wiesel verkürzt. Ännchen (Tamara Ivaniš) befindet sich da gerade aus Jux und Tollerei im Wald aus Geweihbäumen (ideal in der Wolfsschluchtszene recycelt), um beim Picknick vom Stress des Einstudierens auszurasten. Denn das Publikum singt den Refrain zum Hochzeitskranz mit, der noch schön und grün, ansonsten aber völlig umgetextet ist und nicht nur zur Rüstung der Braut zum Einsatz kommt.

Die Verspottung des glücklosen Max (Franz Supper) übernimmt Kaspar (Raimundas Juzuitis), indem er die Erinnerung an die Schmach hochhält und seinen Kollegen hinterhältig manipuliert. Wilhelmina von Wiesel am Wieselberg (Laura Barthel), die in ihrer tierischen Wendigkeit so etwas aus einem Versteck spielend mitverfolgt, erklärt dann (des Menschischen mächtig) dem Kinderpublikum das Problem Freikugeln und Zwangslage und hält den Ausweg parat: Weiße Wunderrosen vom heiligen Hügel (das Misstrauen in die Geistlichkeit in der Umgebung von Kindern reicht heute also bis in die romantische Oper). Agathe ist dafür von einer herabstürzenden Taube statt des Ahnenbildes verstört, womit dieses Leitmotiv, von den Adlern bereinigt, erweitert wird. Alle kommen zu ihren wichtigsten Arien, Duetten und Terzetten, wenn auch drastisch gekürzt und teilweise verändert.

Zusätzlich zu eingespielten Orchesteraufnahmen korrepetiert Iwan Davies am Klavier, die wandelbare Bühne (Sonja Böhm) schafft mit einfachen Mitteln (Vorhang, Leinwand für Samiel-Schattenriss, Bett) Flächen und Raumtiefen. Die Wolfsschluchtszene wird mit Licht dramatisiert, neongrüne Freikugeln fallen zunächst aus einem teuflischen Shisha-Gestell und müssen dann zunehmend mühsam eingefangen werden.

Kristina Gerhard hält sich mit ihrer Inszenierung an bewährte Strategien und nimmt sich die Einbindung des Publikums vor. So wird nicht nur mitgesungen, sondern auch die Anti-Angst-Strategie des Wiesels eingeübt, wie sie vorbildlich als Bewegungseinheit in jeder Schulstunde stattfinden sollte (was sicher mehr zur Gesundheit beitrüge als der Mythos von der täglichen Turnstunde). Am Schluss wird kombiniert: Wiesel-Gymnastik zum gesungenen Refrain vom Hochzeitskranz (die künftige Tauglichkeitsrate bei der Stellung ließe sich auf diese Weise sicher erhöhen).

Die Kinder haben tüchtig mitgemacht bei der Premiere am Sonntag Nachmittag (8.3.) und die Aufführung genossen. Die Dramatik der Handlung wird freilich verzerrt verankert sein. Für die Abschaffung eines Probeschusses braucht es die Autoritäten, die ihn ja auch eingesetzt haben. Das nimmt man einem Wiesel doch schwerlich ab, selbst wenn es gebildet, gut situiert und fremdsprachenmächtig ist. Ein bisschen ist große Oper also doch die große Masse am Schluss, auch wenn das Happy End so oder so nicht recht glaubhaft ist. Im Zentrum aber stehen unangefochten die Stimmen. Und die kommen auch in der Kinderversion zu ihrem großen Recht.

Aufführungen bis 19. April in den Kammerspielen des Landestheaters – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Tobias Witzgall