asdf
 

Nichts als Frauen gibt es auf der Welt. Und Männer.

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / LA FINTA SEMPLICE

03/05/18 „Was ist nur dran, an den Frauen, dass sie mir so gefallen“, klagt der eine. „Ich möchte einen Mann, doch keine Mühsal“, erklärt die andere. Ein dritter hat schon was für Frauen über, betont aber: „Im Kampf um die Liebe zählen nicht nur die Werte.“

Von Heidemarie Klabacher

Testosteron und sonstige Paarungshormone herrschen im Landhaus der Geschwister Cassandro, Polidoro und Giacinta. Dabei ist fraglich, ob zwei der zu bildenden Paare einander nach dem Schlussakkord jemals wiedersehen werden: Zwei der jungen Männer sind Soldaten, die in dem Käfig voller Narren nur einquartiert waren.

Wer am Ende von Mozarts Oper „La finta semplice“ die jeweils Auserwählten heiratet, wird jedenfalls wissen, was sie oder er tut. Sieben junge Leute haben sich von ihren jeweils besten und schlechtesten Seiten gezeigt und sich schonungslos als „Menschen“ geoutet.

Diese „Moral von der Geschicht“ ähnelt ein wenig der der „Così“. Doch „La finta semplice“ – Die falsche Einfältige – trägt Nummer KV 51, ist Mozarts erste Opera Buffa und seine „bis dahin umfangreichste Partitur“: Auf ein Libretto nach Goldoni geschrieben und 1769 möglicherweise in Salzburg uraufgeführt, handelt es sich um das Werk eines Dreizehnjährigen, der die schrägen Gefühle und merkwürdigen Vorstellungen von „Beziehung“ einer Handvoll Spätpubertierender vertont. Es ist das Werk eines kindlich-jugendlichen Genies, das später einmal die bewegenden Leiden einer Gräfin oder die rosen-säuselnde Verführung einer Susann im „Figaro“ vertonen wird. Wenn der von seinem älteren Bruder Cassandro unterdrückte Poldioro trotzig erklärt, auch einmal eine eigene Frau haben zu wollen, dann erinnert das stark an die sehnsüchtige Klage „Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich“.

Das sind Assoziationen inhaltlicher Natur. Wenn aber in „La finta semplice“ die Dame Rosina die Psychologie der Projektion erklärt und singt „das Echo antwortet nur, was es von Dir vernimmt“ oder ein wenig später die „Amoretten“ anfleht „Ich bitte Euch, kommt nicht, mir das Herz zu verwunden“ – dann sind das musikalisch Vorwegnahmen aus den da Ponte-Opern, wie etwa der Zefiretti der Briefszene im „Figaro“ oder des Wind-Ensembles der „Cosí“. An diesen Stellen wurde man in der rundum begeisternden Aufführung im Großen Studio der Universität Mozarteum gepackt vom reinen Staunen. Dass Mozart ein Genie war, sagt sich leicht dahin. In diesen Momenten – gesungen hat die wunderbare junge Sopranistin Ay̧se Senogul – war der Genius loci in „seiner“ Universität anwesend.

Regisseur Alexander von Pfeil und die Ausstatterinnen Yea Eun Hong und Yvonne Schäfer haben quasi „zeitlose“ Menschen in einer ebenso zeitlosen Umgebung ihre Irrungen und Wirrungen durchleben und durchleiden lassen. Genauestens abgestimmt bis in viele feine Details war die Personenführung auf die Musik. Frech, temporeich, ironisch, mit gar nicht so wenigen recht direkten Anspielungen sexueller Natur (ist halt das Thema), nahm sich diese brillante Regie nie wichtiger als die Musik.

Unter der Leitung von Gernot Sahler übertraf sich das Kammerorchester der Universität Mozarteum diesmal selbst. Wie energiegeladen, wie „historisch informiert“, wie klangvoll und immer auf die Sänger fokussiert im Tutti, wie verspielt und virtuos verzierend in den Dialogen, die nur so sprühten vor Elan - reine Freude zum Hören. Und offensichtlich auch zum Singen, denn die jungen Sängerinnen und Sänger konnten auf dieser musikantsichen Orchesterbasis Hervorragendes leitsten.

Ay̧se Senogul als Rosina, die die beiden einsiedlerischen Brüder aus dem Häuschen bringen soll, ist eine Art Susanna, eine Spielleiterin im Spiel, um die alles rotiert. Darstellerisch ein Wirbelwind, sängerisch ein Leuchtfeuer.

Rosina ist die Schwester von Fracasso, der in Giacinta, die Schwester von Cassandro und Poldioro, verliebt ist, aber egal. Zunächst ein wenig steif, sich aber immer mehr frei singend und ein feines Timbre entfaltend, hat den Fracasso bei der Premiere am Mittwoch (2.5.) Niklas Matthias Mayer gesungen,

Für weitere sängerische Höhepunkte sorgte Santiago Sanchez als armer übertölpelter Polidoro. Er und sein Bruder im Spiel Daniel Weiler als Cassandro überzeugten nicht nur sängerisch, sondern auch schauspielerisch als Komödianten von Rang.

Nur von der Partie her weniger präsent ist Giacinta, die Schwester von Cassandro und Poldioro, die so gern Fracasso heiraten möchte: Inês Rocha Constantino lieh ihr einen geschmeidigen farbenreichen Sopran und überzeugende Verzweiflung.

Ein „niederes Paar“, sängerisch ebenso von Adel wie die anderen, bildet sich innerhalb dieser sieben Leutchen auch: Sejin Park sang und spielte virtuos die erfahrene, freche Zofe. Ihr zugetan ist der Soldat Simone, mit dessen Bass Clemens Joswig immer wieder einmal mitten hineinfuhr in das Chaos. – Ein Erlebnis. Eine reine Freude.

La finta semplice – drei weitere Aufführungen heute Donnerstag (3.5.) und am Freitag (4.5.) jeweils um 19 Uhr, sowie am Samstag (5.5.) um 17 Uhr im Großen Studio der Universität Mozarteum – www.uni-mozarteum.at - das Programmheft zum Download -
Bilder: UniMoz/Judith Buss

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014