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Wie man im New Europe performt

HINTERGRUND / SZENE / PNEU (2)

07/12/17 Einige Künstlerinnen, Künstler und Compagnien, die zwischen 15. und 20. Jänner beim PNEU-Festival der Szene Salzburg auftreten, sind schon alte Bekannte. Etwa das französisch- österreichische Kollektiv Superamas, das mit einem Gastspiel im republic das zum vierten Mal stattfindende Festival Performing New Europe eröffnet.

Von Reinhard Kriechbaum

„Vive l’Armée!“ heißt das neue Stück von Superamas. Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg öffnet sich eine neue Front: Paris, Brüssel, Nizza, Berlin oder London sind Zielscheiben von Terrorattacken. Zwischen diesen Konflikten sollen sich Parallelen zeigen: nationalistischer Aufschwung, Entmenschlichung des Gegners und kriegstreiberische Propaganda bestimmten damals die politischen Diskussionen, und heute ist es nicht anders.

Zwei Uraufführungen und vier Österreich-Premieren hält das PNEU-Festival bereit. Im kleinen Rahmen des tanz_house-Studio nimmt die Salzburger Choreographin Julia Schwarzbach, gemeinsam mit dem Performer Nic Lloyd, unterschiedliche Varianten des „Miteinanderseins“ in Augenschein – zwischen Körpern, Raum, Objekten und Klängen. „with us“ gestaltet sie gemeinsam mit dem Performer Nic Lloyd. Julia Schwarzbach erklärt die Sache mit einem „offenen Raum, im dem jeder seinen Platz finden“ soll. Es werde, das verspricht sie, kein Mitmach-Theater. Partizipativ sagt man auf neudeutsch, und das wird’s nicht, aber es soll eine „Beziehungsdynamik“ zwischen Darsteller und Publikum entstehen – und auch eine zum Ding, denn über das Wesen von Plastik soll auch reflektiert werden.

Das also ist die eine Uraufführung, die andere macht die Argentinierin Cecilia Bengolea. Auf Einladung von SEAD und Szene Salzburg kreiert sie das Stück „Sound of the Trap“ zum zehnjährigen Bestehen der Tanzkompanie BODHI PROJECT. Für das siebenköpfige Ensemble entwickelt sie einen cadavre exquis (das Fachwort für Stilleben) aus Symbolen, historischen Anspielungen und zeitgenössischen Tänzen, die mit einem kunterbunten Musik-Mix und Live-Klängen verknüpft werden. Im Titel schwingt die Assoziation zu Sound of Music mit.

Das spanisch-österreichische Künstlerpaar Marta Navaridas und Alexander Deutinger widmet eine Serie von Produktionen ikonenhaften Figuren unserer Zeit. Der jüngste Abend – „Pontifex“ (über Papst Franziskus war heuer bei der Sommerszene zu sehen. Das bei PNEU gezeigte Stück „Your Majesties“ ist schon etwas älter (2015) und handelt von Lady Diana.

Auch Ivana Müller war schon in Salzburg zu Gast. In „Conversations Out of Place“ nimmt sie unser Verhältnis zur Natur zum Ausgangspunkt ihrer Reflexion über die Welt, in der wir leben. „Zwei Frauen, zwei Männer und eine Pflanze teilen sich Raum und Zeit auf unbestimmte Dauer“, heißt es dazu.

Die in Berlin angesiedelte Künstlerin Christina Ciupke gastiert erstmals in Salzburg. Gemeinsam mit ihrer Partnerin Ayşe Orhon widmet sie sich einer Choreographie „At Close Distance“ um Nähe um Entfernung. Die spanische Künstlerin Maria Jerez kommt bereits zum vierten Mal nach Salzburg. Diesmal mit der installativen Performance „Yabba“. Szene-Intendantin Angela Glechner beschreibt das als „Materialschlacht“. Hinter Formen aus Tüchern und dergleichen (darunter stecken Menschen) soll ein Kosmos „eigener Ordnung“ entstehen.

„Goodbye“ heißt eine Performance von Michikazu Matsune. Er geht von Abschiedsbriefen aus, etwa von jenem den Kaiserin Maria Theresia an ihre Tochter Marie Antoinette am Tag ihrer Abreise nach Frankreich übergab, oder jenem, den Stefan Zweig vor seinem Selbstmord verfasste. Kurt Cobains mysteriöse Nachricht an einen Phantasie-Freund wird auch vorkommen.

Ganz viel Zeit – etwa vier Stunden – sollte man sich für die Performance „Bilding Conversation“ des Kollektivs Third Space nehmen. Da geht’s ans Eingemachte, nämlich ans Mitmachen, und nach den vier Stunden Partizipation gibt’s für die Mutigen eine wärmende Suppe.

Es gibt ein Rahmenprogramm, die Post-Performance-Talkshow „Später bei Peter“ mit Peter Stamer und Künstlern. Die Podiumsdiskussion „Passion and Politics“ beschäftigt sich mit kulturpolitischen Fragestellungen in Zusammenhang mit EU-Förderung. Davon ist viel zu erwarten, weil das Netzwerk „apap“ hat enorme Expertise beim Lukrieren solcher Gelder, und man kann und soll darin ja immer noch besser werden.

Festival PNEU (Performing New Europe) von 15. bis 20. Jänner 2018 – www.szene-salzburg.net
Bilder: Szene Salzburg / Sven-A.-Hagolani (1); Gema-Segura (1);
Zur Hintergrund-Geschichte Viel Druck in der Blase der freien Tanzszene

 

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