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Mit Fug und Recht, Video und rotem Telefon

TOIHAUS / FUGE/FUGE

11/10/16 Knochenfuge. Trippelfuge. Lichtfuge. Fugenkitt… So viele Fugen. Die Rechtecke oder Quadrate bildenden Fugen in Bad und WC haben nichts zu tun mit den Fugen etwa eines J. S. Bach. Oder doch? Mit „Fuge/Fuge“ hat das Toihaus jedenfalls die neue Spielzeit eröffnet.

Von Heidemarie Klabacher

Fahnen werden geschwenkt. Da denkt man an Staat und Nation und Nationalstaat und Nationalismus - und die bekannten Folgen. Es verheißt meist nichts Gutes, wenn heutzutage Fahnen geschwenkt werden. Die Tänzerin im grauen Kleid schwenkt jedenfalls hell- bis dunkelgraue Fahnen. Aber sie lässt jede Fahne ob groß oder klein alsbald von ihrer Stange gleiten, bildet Stoffhäufchen und steckt die frei gewordenen Stangen in eine torkelnde Reihe.

Danach holt sie in Zeitlupentempo weitere Stoffballen aus dem Bühnen-Hintergrund herbei, legt sich schließlich auf das angehäufte Material und bereitet es so lange um sich herum aus, bis im schrägen Scheinwerferlicht eine eindrucksvolle Gebirgslandschaft im Modellformat entstanden ist.

Es könnte sich strukturell-choreographisch um einen dritten Satz (oder Stimmeinsatz, weils ja um Fuge geht) handeln, wenn mit einer gewissen Hektik die Stoffteile wieder zusammengeknüllt und auf die Fahnenstangen gespießt oder an von der Decke hängende Seile gehängt werden. Die Tänzerin und Performerin Cornelia Böhnisch wird dabei unterstützt von Simon Schäfer, der dazu sein Mischpult mit rotem Telefon verlässt.

Zusammengehalten wird „Fuge/Fuge“ von der Musik Hüseyin Evirgens, einer spannenden und spannungsvollen Crescendo-Studie in Geräusch und Klang – unterfangen von einem Leitmotiv aus den Tönen B-A-C-H.

Johann Sebastian Bach also Komponist und nicht nur Fugen-Thema kommt in der Produktion mit live gespielten Fugen-Schnipseln zu Wort (Gudrun Raber-Plaichinger und Yoko Yagihara auf Geige und Klavier). Im Hintergrund läuft ein Video mit einer Art bewegtem und pulsierendem Strichcode, dem wohl auch Fugenstruktur zugrunde liegen wird (wie ja etwa auch die Marmorverkleidung am Museum der Moderne musikalischen Strukturen folgen soll).

Jedenfalls wird man im Toihaus angeregt, über die Kunst der Fuge auf Notenpapier und Baustelle nachzudenken und zu lesen: Lateinisch „fuga“ heißt Flucht. In der Wirklichkeit fliehen die Menschen vor dem Krieg. In der musikalischen Fuge „fliehen“ die Stimmen voreinander. Mittelhochdeutsch „vuoge“ heißt Zusammenfügung, Althochdeutsch „fuoga“ Geschicklichkeit. Komponisten und Fliesenleger können also gleichermaßen für sorgfältig gearbeitete Fugen mit „Fug und Recht“ gelobt werden…

Fuge/Fuge – Aufführungen im Toihaus bis 12. November jeweils DO, FR und SA um 20.02 - www.toihaus.at
Bilder: www.toihaus.at

 

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